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Ältester Zwilling der Sonne mit möglichen erdähnlichen Planeten entdeckt

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Der Sonnennzwilling HIP 102152 im Sternbild Capricornus (Steinbock). | Copyright: ESO/Digitized Sky Survey 2, Davide De Martin

Sao Paulo (Brasilien) - Unter brasilianischer Leitung hat ein internationales Astronomenteam mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) den ältesten bekannten Zwilling unserer Sonne identifiziert und untersucht. Der Stern "HIP 102152" ist 250 Lichtjahre von der Erde entfernt und ähnelt der Sonne mehr als jeder andere sonnenähnliche Stern - abgesehen davon, dass er fast vier Milliarden Jahre älter ist. Dieser ältere, jedoch fast identische Sonnenzwilling eröffnet den Astronomen nun eine noch nie da gewesene Möglichkeit zu verfolgen, wie unsere Sonne mit zunehmendem Alter aussehen wird. Die neuen Beobachtungen belegen außerdem erstmals eine eindeutige Verbindung zwischen dem Alter eines Sterns und seinem Lithiumgehalt und weisen zudem darauf hin, dass die ferne alte Sonne sogar erdähnliche Gesteinsplaneten beherbergen könnte.

Erst seit rund 400 Jahren können irdische Astronomen die Sonne mit Teleskopen beobachten. Im Vergleich zum Alter unseres Zentralgestirns von 4,6 Milliarden Jahren ist das gerade mal ein Wimpernschlag. Aus diesem Grund ist es auch schwer, anhand dieser Erfahrungswerte die Geschichte und die zukünftige Entwicklung unseres Heimatsterns zu untersuchen. Möglich ist es aber dennoch, und zwar indem man nach den seltenen Sternen sucht, die unserer Sonne ähneln, sich jedoch in einem anderen Stadium ihres stellaren Lebens befinden.


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Wie die Forscher um TalaWanda Monroe und Jorge Melendez von der Universidade de São Paulo aktuell im Fachjournal "Astrophysical Journal Letters" (DOI: 10.1088/2041-8205/774/2/L32) berichten, suchen Astronomen schon seit Jahrzehnten nach Zwillingssternen der Sonne, um unseren eigenen, lebensspendenden Stern besser zu verstehen. "Seit der ersten derartigen Entdeckung 1997 hat man aber nur wenige davon finden können. Vom VLT haben wir nun Spektren von überragender Qualität erhalten und können damit Zwillinge der Sonne mit besonders hoher Genauigkeit gründlich untersuchen und so auch die Frage beantworten, ob unsere Sonne etwas Besonderes ist", so Melendez.


Zunächst untersuchten die Astronomen zwei Sonnenzwillinge und gingen davon aus, dass einer der beiden namens HIP 102152 älter als die Sonne sei. Mit dem UVES-Spektrografen am VLT am Paranal-Observatorium der ESO konnten sie ihr Licht in seine Farben zerlegen, um so die chemische Zusammensetzung und weitere Eigenschaften des Sterns detailliert zu untersuchen. Dabei fanden sie heraus, dass der im Sternbild Steinbock (Capricornus) gelegene "HIP 102152" sogar der älteste bisher bekannte Sonnenzwilling ist. Sein Alter beträgt schätzungsweise 8,2 Milliarden Jahre. Im Vergleich dazu ist unsere Sonne nur 4,6 Milliarden Jahre alt.


 
Diese Grafik zeigt das Leben eines sonnenähnlichen Sterns von dessen Geburt auf der linken Seite bis zu seiner Entwicklung zu einem Roten Riesen auf der rechten Seite. Links ist der Stern als Protostern zu sehen, während seiner Entstehung eingehüllt in eine staubige Materiescheibe. Später wird er zu einem Stern ähnlich unserer Sonne. Nachdem er den größten Teil seines Lebens in diesem Entwicklungsstadium verbracht hat, beginnt der Kern des Sterns sich nach und nach aufzuheizen. Der Stern dehnt sich aus und wird röter, bis er sich in einen Roten Riesen verwandelt hat. | Copyright: ESO/M. Kornmesser

Anhand der Untersuchung des uralten Sonnenzwillings HIP 102152 können die Wissenschaftler nun auch Rückschlüsse darauf ziehen, was mit unserer eigenen Sonne passieren könnte, wenn sie dieses Alter erreicht.


Daneben gelang den Astronomen noch eine weitere bedeutende Beobachtung: "Eine Frage, die wir angehen wollten, war, ob die Zusammensetzung der Sonne typisch ist und warum ihr Lithiumgehalt so ungewöhnlich niedrig ist", erläutert Melendez hierzu. Laut gängigen Modellen entstand das dritte Element des Periodensystems, Lithium, schon während des Urknalls zusammen mit Wasserstoff und Helium. Astronomen fragen sich schon viele Jahre, warum einige Sterne weniger Lithium zu haben scheinen als andere. Durch die neuen Beobachtungen von HIP 102152 sind die Forscher der Lösung dieses Rätsels einen großen Schritt näher gekommen, indem sie einen starken Zusammenhang zwischen dem Alter der sonnenähnlichen Sterne und ihrem Lithiumgehalt festgestellt haben.


"Unsere Sonne besitzt heute nur noch 1% des Lithiumsgehalts, der im Material vorhanden war, aus dem sie entstanden ist. Untersuchungen jüngerer Sonnenzwillinge deuten darauf hin, dass jüngere sonnenähnliche Sterne einen deutlich höheren Lithiumanteil besitzen", erläutert die ESO-Pressemitteilung. Bislang waren Wissenschaftler jedoch nicht in der Lage den Zusammenhang zwischen Alter und Lithiumgehalt nachzuweisen.


"Wir haben festgestellt, dass HIP 102152 einen sehr geringen Lithiumanteil hat", so Monroe. "Dies zeigt zum ersten Mal deutlich, dass ältere Sonnenzwillinge in der Tat einen geringeren Lithiumanteil haben als unsere Sonne oder jüngere Sonnenzwillinge. Wir können uns nun sicher sein, dass Sterne auf irgendeine Weise ihr Lithium zerstören, wenn sie älter werden, und dass der Lithiumgehalt der Sonne für ihr Alter normal ist."


Ein letzter Wendepunkt dieser Geschichte sei, dass HIP 102152 ein ungewöhnliches Muster in seiner chemischen Zusammensetzung aufweist, das sich fast unmerklich von den meisten anderen Sonnenzwillingen unterscheidet, aber dem der Sonne ähnlich ist: Beide zeigen einen Mangel an Elementen, die in Meteoriten und der Erde in großen Mengen vorhanden sind. Dies ist ein starker Hinweis darauf, dass HIP 102152 erdähnliche Gesteinsplaneten beherbergen könnte.


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Quelle: ESO

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