
Andrea Stocco und Rajesh Rao ist es erstmals gelungen, ihre Hirne direkt miteinander zu verbinden, so das einer den Fingern des anderen fernlenken konnte. | Copyright: Rao u. Stocco, University of Washington
Seatlle (USA) - US-Forschern ist es erstmals gelungen, eine non-invasive Verbindung zweier menschlicher Gehirne, ein sogenanntes Hirn-Hirn-Interface, herzustellen und so die Bewegungen eines Forschers durch die Hirnsignale eines Kollegen zu steuern.
Mit Hilfe elektrischer Hirn-Aufzeichnungen und einer besonderen Form der magnetischen Stimulation, hat Rajesh Rao erfolgreich seine Hirnsignale an seinen Kollegen Andrea Stocco, beide von der University of Washington, übertragen und konnte damit Stoccos Finger sozusagen via Hirn-Fernsteuerung eine Taste auf einer Computertastatur drücken lassen.
Während bereits zuvor Wissenschaftler der Duke University die Hirn-Hirn-Kommunikation zwischen zwei Ratten (...wir berichteten) und Harvard-Forscher eine solche Verbindung zwischen Mensch und Ratte demonstrieren konnten, glauben Rao und Stocco, dass ihre Arbeit die erste erfolgreiche Hirn-Hirn-Verbindung zwischen zwei Menschen darstellt.
"Das Internet war ein Weg, zwei Computer miteinander zu verbinden. Unser Ansatz zeigt einen Weg auf, wie wir zwei Gehirne miteinander verbinden", kommentiert Stocco das Ergebnis ihrer Versuche. "Ziel ist es, irgendwann einmal in der Lage zu sein, das Wissen eines Gehirns auf ein anderes zu übertragen."
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In ihrem auf Video aufgezeichneten Experiment, spielte Rao in einem Laborzimmer rein gedanklich ein Computerspiel - stellte sich dabei also lediglich vor, im richtigen Moment eine Taste zu drücken, mit der für gewöhnlich in dem Spiel eine Kanone abgefeuert wird. Stocco, der abgeschirmt in einem anderen Zimmer an einer Computertastatur saß, bewegte in nahezu eben diesem Moment ebenfalls seinen Zeigefinger und bediente somit besagte Abschuss-Taste – ohne dies jedoch aus eigenem Antrieb heraus beabsichtigt zu haben. Verbunden waren die beiden Forscher bei diesem Versuch nur über die non-invasiven Elektroden- und Sondenmützen.
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Nach den erfolgreichen Versuchen beschrieb Stocco das Gefühl seiner sich unbeabsichtigt bewegenden Hand wie "eine Art nervösen Krampf".
"Es war ebenso faszinierend wie merkwürdig zu sehen, wie eine von meinem Gehirn vorgestellte Handlung tatsächlich in eine von einem anderen Gehirn ausgeführten Handlung übersetzt wurde", berichtet sein Kollege Rao. "Es war eine Art Einweg-Informationsfluss von meinem Gehirn in das Gehirn meines Kollegen." In nächsten Schritten wollen die Forscher nun auch eine Konversation zwischen den Gehirnen in beide Richtungen erreichen.
Alle der für die Aufzeichnung und Stimulation der Gehirnaktivitäten von Rao und Stocco eingesetzten Instrumente sind derweil allgemein bekannt: Mit dem Elektroenzephalografen (EEG) können auf der einen Seite auf non-invasive Weise Gehirnaktivitätsmuster über die Schädeldecke registriert werden, während mittels der transkranielle Magnetstimulation (TMS) das Gehirn (ebenfalls non-invasiv) durch die entsprechende Platzierung der Sonde spezifisch stimuliert werden kann. Im aktuellen Experiment war die TSM-Sondenspirale über jener Hirnregion des Empfängers (Stocco) platziert, die u.a. für die Bewegungen der rechten Hand verantwortlich ist.
Während die Experimente im ersten Moment sicherlich eine ganze Reihe von Szenarios heraufbeschwören, wie sie bereits aus Science-Fiction-Filmen bekannt sind - man denke nur an die vulkanische Gedankeverschmlezung aus "Star Trek", verweisen die Forscher darauf, dass die bisherige Technologie nur bestimmte und vergleichsweise einfache Hirnsignale lesen und übertragen könne und (noch) nicht aber die Gedanken einer Person an sich. "Auch gibt es niemandem die Macht, die Handlungen eines anderen gegen dessen Willen zu kontrollieren", beschwichtigen die Wissenschaftler. "Beide Forscher (Sender und Empfänger) befanden sich unter idealen Laborbedingungen, nutzten spezielle Instrumente und hatten sich auch den strengen Vorschriften für Versuche am Menschen unterworfen."
"Wir befürchten, dass dieses Experiment und seinem Ergebnis einige Menschen verstören könnte. Das liegt dann aber nur daran, weil sie diese Technologie überbewerten", so Chantel Prat, Mitglied des Forschungsteams um Rao und Stocco. "Wir sehen keinerlei Möglichkeit, dass diese Technologie an einer Person unwissentlich und somit gegen deren Willen durchgeführt werden könnte. (...) Erst in vielen Jahren könnte die Methode vielleicht dazu benutzt werden, um beispielsweise vom Boden aus einen Laien an Bord eines Flugzeuges beim Flug der Maschine zu unterstützen, wenn der Pilot unfähig wird, das Flugzeug zu fliegen. Oder aber die Methode wird behinderten Menschen dabei helfen zu kommunizieren. Die Übertragung der Hirnsignale einer Person an eine andere könnte wahrscheinlich sogar dann erfolgreich sein, wenn diese beiden Personen gar nicht die gleiche Sprache sprechen."
In weiteren Experimenten wollen Rao und Stocco nun versuchen, komplexere Informationen auszutauschen. Sollte dies gelingen, so wollen sie ihre Versuche auch mit anderen Personen durchführen.
Bei aller Entwarnung vor einem möglichen Missbrauch der nun auf den Weg gebrachten Technologie durch die Forscher, könnte jedoch ein Blick auf jene Institutionen interessant sein, die diese Forschung unterstützen und fördern: Neben der US-amerikanischen National Science Foundation (NSU) sind das auch das US-amerikanische National Institutes of Health - und das Forschungsbüro der U.S. Army...
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Wissenschaftler verbinden erstmals Gehirne zweier Ratten über Tausende von Kilometern miteinander 1. März 2013
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Quelle: washington.edu