
Beispiele bipolarer planetarischer Nebel (v.o.l.n.u.r.: Messier 27, NGC 6302, NGC 5189, Fleming 1). | Copyright: ESO
Manchester (England) - Bei einer Untersuchung von 130 planetarischer Nebel in der zentralen Ausbuchtung der Milchstraße haben Astronomen mit dem mit dem New Technology Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) und dem Weltraumteleskop Hubble (NASA/ESA) eine rätselhafte gemeinsame Ausrichtung vieler dieser Nebel festgestellt und das, obwohl es zwischen den Nebeln sonst eigentlich keine Gemeinsamkeiten gibt und sie gänzlich unterschiedliche Entstehungsgeschichten und Eigenschaften aufweisen.
"Der letzte Lebensabschnitt eines Sterns wie unserer Sonne endet mit dem Abstoßen seiner äußeren Schichten, wodurch Objekte entstehen, die als Planetarische Nebel bezeichnet werden und in einer Fülle an wunderschönen und atemberaubenden Gestalten vorkommen", erläutert die ESO-Pressemitteilung. "Eine Unterart dieser Nebel, die als bipolare Planetarische Nebel bezeichnet wird, erscheint ähnlich einer geisterhaften Sanduhr oder Schmetterling um seinen Mutterstern (s. Abb.)."
Alle diese Nebel sind an gänzlich verschiedenen Orten entstanden und besitzen somit auch ebenso unterschiedliche Eigenschaften. Weder die einzelnen Nebel, noch die Sterne aus denen sie entstanden sind, konnten jemals miteinander wechselwirken. Dennoch zeigt nun eine neue Studie überraschende Ähnlichkeiten zwischen manchen dieser Nebel: Viele von ihnen sind am Himmel auf gleiche Art und Weise ausgerichtet.
"Das ist ein wirklich überraschender Befund und, wenn er sich bewahrheitet, ein sehr wichtiger", erklärt Bryan Rees von der University of Manchester, einer der beiden Autoren des aktuell im Fachjournal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" erschienenen Fachartikels. "Viele dieser geisterhaften Schmetterlinge scheinen ihrer Längsachse nach entlang der Ebene unserer Milchstraße ausgerichtet zu sein. Anhand der Bilder von Hubble und dem NTT konnten wir einen detaillierten Blick auf diese Objekte werfen und sie somit mit hoher Genauigkeit untersuchen."
Anhand der untersuchten 130 planetarischen Nebel haben die Forscher zunächst drei verschiedene Typen identifiziert und danach deren Eigenschaften und Erscheinungsbild untersucht.
"Während zwei dieser Populationen wie erwartet vollkommen zufällig am Himmel ausgerichtet waren, wies die dritte Population - die bipolaren Nebel - eine erstaunliche Präferenz für eine bestimmte Ausrichtung auf", erläutert Albert Zijlstra, ebenfalls von der University of Manchester und Zweitautor des Artikels. "Obwohl jegliche axiale Ausrichtung überraschend wäre, ist es noch überraschender diese in der überfüllten Zentralregion unserer Galaxie zu finden."
Man geht davon aus, dass planetarische Nebel durch die Rotation des Sternsystems, aus dem sie entstehen, geformt werden. Diese hänge von den Eigenschaften des jeweiligen Systems ab - wie zum Beispiel ob es ein Doppelsternsystem ist oder ob sich Planeten auf Umlaufbahnen um den Stern befinden, erläutern die Forscher. Beide Merkmale können die Form der abgestoßenen Blase stark beeinflussen. Die bipolaren Nebel gehören zu den extremsten Formen und werden vermutlich durch Gasjets verursacht, die Masse aus dem Doppelsternsystem senkrecht zu dessen Umlaufbahn ausstoßen.
"Die Ausrichtung, die wir für diese bipolaren Nebel beobachten, deutet darauf hin, dass an Sternsystemen innerhalb des Bulge irgendetwas skurril ist", ergänzt Rees. "Damit sie sich so aufreihen, wie wir das beobachten, muss die Rotation der Sternsysteme, die sie gebildet haben, senkrecht zu den interstellaren Wolken gewesen sein, aus denen sie entstanden sind, was sehr merkwürdig ist."
Während die Eigenschaften ihrer Vorgängersterne in der Tat diese Nebel formen, deutet dieser neue Fund auf einen anderen rätselhaften Einflussfaktor hin: "Neben diesen komplexen stellaren Eigenschaften kommen noch jene unserer Milchstraße in Frage: Der gesamte zentrale Bulge rotiert um das galaktische Zentrum. Durch seine Magnetfelder könnte der Bulge einen stärkeren Einfluss auf unsere gesamte Milchstraße haben als bisher gedacht. Die Astronomen weisen darauf hin, dass starke Magnetfelder, die während der Bildung des Bulge präsent waren, das geordnete Verhalten der Planetarische Nebel verursacht haben könnten."
Da sich solche Nebel in unserer Nähe nicht auf so geordnete Weise ausrichten, müssen die Magnetfelder um ein Vielfaches stärker gewesen sein als in unserer heutigen Nachbarschaft.
"Wir können viel aus den Beobachtungen dieser Objekte lernen", fasst Zijlstra zusammen. "Denn sollten sie sich tatsächlich auf diese unerwartete Art verhalten, hat dies nicht nur Konsequenzen für die Geschichte einzelner Sterne sondern für die Geschichte unserer gesamten Galaxie."
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Quelle: ESO.org