
Künstlerische Darstellung des Magnetars im Sternhaufen Westerlund 1. | Copyright: ESO/L. Calçada
London (England) - Unglaublich dichte Überreste von Sternexplosionen, sogenannten Supernovae, bezeichnen Astronomen deshalb als "Magnetare", weil es sich um die stärksten bekannten magnetischen Objekte des Universums handelt - millionenmal stärker als die kraftvollsten Magneten auf der Erde. Mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) glauben Astronomen nun erstmals den Begleitstern eines Magnetars gefunden zu haben und damit beantworten zu können, warum dieser spezielle Stern nicht zu einem Schwarzen Loch kollabiert ist, wie es Astronomen erwarten würden.
Wenn ein massereicher Stern durch die Wirkung seiner eigenen Schwerkraft in einer Supernovaexplosion kollabiert, wird er entweder zu einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch, erläutert die ESO-Pressemitteilung. Magnetare sind demnach eine ungewöhnliche und sehr exotische Form von Neutronensternen. Wie jedes dieser seltsamen Objekte sind sie winzig und außergewöhnlich dicht - ein Teelöffel voll Materie aus einem Neutronenstern hätte eine Masse von ungefähr einer Milliarde Tonnen. Außerdem besitzen sie extrem starke Magnetfelder. Die Oberflächen von Magnetaren senden große Mengen an Gammastrahlung aus, wenn sie eine Phase plötzlicher Neuausrichtung durchlaufen. Dieser als Sternenbeben bekannte Prozess ist die Folge enormer Spannungen, denen die Krusten der Magnetare unterliegen.
Gleich zwei dutzend der in der Milchstraße bekannten Magnetare finden sich im Sternhaufen Westerlund 1, der sich 16.000 Lichtjahre entfernt im Südsternbild Ara (der Altar) befindet. Einer dieser Magnetare, CXOU J164710.2-45516, gab seit seiner Entdeckung den Astronomen große Rätsel auf.
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"In unserer früheren Arbeit haben wir gezeigt, dass der Magnetar im Sternhaufen Westerlund im explosiven Tod eines Sternes mit der 40-fachen Masse der Sonne entstanden sein muss. Aber damit tat sich ein ganz eigenes Problem auf, da man von Sternen dieser Masse erwarten würde, dass sie zu Schwarzen Löchern und nicht zu Neutronensternen werden, wenn sie kollabieren. Wir konnten nicht verstehen, wie aus ihm ein Magnetar werden konnte", berichtet Simon Clark, Erstautor des aktuell im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" veröffentlichten Fachartikels.
In diesem haben die Astronomen um Clark nun eine Lösung für dieses Rätsel vorgeschlagen und nehmen an, dass der Magnetar durch die Wechselwirkung zweier massereicher Sterne entstanden ist, die sich in einem Doppelsternsystem umkreisen, das so kompakt ist, dass es in die Umlaufbahn der Erde um die Sonne passen würde.
Bis jetzt wurde jedoch noch nie ein Begleitstern in der Nähe des Magnetars in Westerlund 1 gefunden, weshalb die Astronomen das VLT nutzten, um nach ihm in anderen Teilen des Sternhaufens zu suchen. Dabei hatten sie es auf flüchtende Sterne abgesehen - Objekte, die mit hoher Geschwindigkeit den Sternhaufen verlassen - die vielleicht durch die Supernovaexplosion, durch die der Magnetar entstand, aus ihrer Umlaufbahn geschleudert wurden. Ein Stern mit der Bezeichnung Westerlund 1-5 wurde gefunden, der genau das tut.
"Dieser Stern besitzt nicht nur die hohe Geschwindigkeit, die durch den Rückstoß einer Supernovaexplosion zu erwarten wäre, sondern auch eine Kombination aus geringer Masse, hoher Leuchtkraft und einer kohlenstoffreichen Zusammensetzung, die für einen einzelnen Stern unmöglich erscheint. Das ist ein schlagender Beweis, der zeigt, dass dieser Stern ursprünglich zusammen mit einem Begleitstern entstanden sein muss", ergänzt Ben Ritchie von der Open Univerity, Koautor des neuen Fachartikels.
Anhand dieser Entdeckung konnte sodann die Lebensgeschichte des Sterns rekonstruiert werden, die die Entstehung des Magnetars anstelle des zu erwartenden schwarzen Lochs ermöglichte.
"Demnach geht es im ersten Teil dieses Prozesses in dem massereicheren Stern des Paares der Brennstoff zur Neige. Er überträgt seine äußeren Schichten auf den masseärmeren Begleitstern, der dazu bestimmt ist ein Magnetar zu werden und der daraufhin beginnt immer schneller zu rotieren. Diese schnelle Rotation scheint die essentielle Zutat für die Entstehung des extrem starken Magnetfeldes eines Magnetars zu sein.
Im nächsten Schritt wird der Begleitstern als Konsequenz dieses Massentransfers selbst so schwer, dass er seinerseits eine große Menge der kürzlich gewonnen Masse abstößt. Ein Großteil dieser Matere geht verloren, aber etwas davon wird wieder auf den ursprünglichen Stern übertragen, den wir heute noch als Westerlund 1-5 leuchten sehen."
Es sei dieser Austauschprozess von Materie, der Westerlund 1-5 seine einzigartige chemische Signatur verliehen habe und die Masse seines Begleitsterns soweit schrumpfen lies, dass sich ein Magnetar anstelle eines schwarzen Lochs bildete. "Ein stellares Materieballspiel mit kosmischen Konsequenzen!", schließt Gruppenmitglied Francisco Najarro vom Centro de Astrobiologia in Spanien.
Es scheint, dass Teil eines Doppelsternsystems zu sein eine fundamentale Zutat des Rezepts für die Entstehung eines Magnetars ist. Die schnelle Rotation, die durch den Massentransfer zwischen den zwei Sternen entsteht, scheint notwendig zu sein um die extrem starken auftretenden Magnetfelder zu erzeugen. Ein weiterer Massentransfer erlaubt es dem zukünftigen Magnetar, ausreichend leicht zu werden, um zum Zeitpunkt seines Todes nicht zu einem schwarzen Loch zu kollabieren.
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Quelle: ESO