
Unter dem Elektronenmikroskop wird ein von einem Staubpartikel in eine der Stardust-Folien geschlagener Krater mit einem Durchmesser von 280 Nanometern sichtbar. 400 dieser Krater würden die Breite eines menschlichen Haares ausmachen. Reste des Staubpartikels selbst sind im Innern des Kraters erkennbar. | Copyright: Rhonda Stroud image, Naval Research Laboratory.
Berkeley (USA) - Im Gegensatz zu der Vorstellung, dass der Raum zwischen den Sternen leer sei, enthält dieser jedoch einige Prozent der gesamten in unserer Galaxie zur Verfügung stehenden Masse in Form von nur wenige Mikrometer großen Partikeln. Einen internationales Wissenschaftler-Team ist es nun erstmals gelungen, Teilchen, die sie für Partikel dieser interstellaren Materie halten, zu finden und zu analysieren.
Wie die Forscher um Andrew Westphal von der University of California und Prof. Frank Brenker von der Frankfurter Goethe-Universität aktuell im Fachjournal "Science" (DOI: 10.1126/science.1252496) berichten, ist diese interstellare Materie deshalb so wichtig, da aus ihr neue Sterne und Planetensysteme entstehen. "Sie enthält die Grundbausteine aller uns bekannten Himmelskörper einschließlich der Erde", erläutert die Pressemitteilung der Universität Frankfurt. "Der größte Teil dieser Materie besteht aus den Gasen Wasserstoff und Helium, nur ein Hundertstel davon ist Staub. Dieser enthält alle schweren Elemente, die die Baustoffe für die erdähnlichen Planeten liefern und damit auch als Grundlage für Leben gelten. Von dieser nicht aus unserem eigenen Sonnensystem stammenden Urmaterie wurden nun erstmals Proben von einer Raumsonde zur Erde zurückgebracht und in den am besten hierfür geeigneten Laboratorien der Welt untersucht." Zwölf weitere Fachartikel erscheinen in der kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift "Meteoritics & Planetary Science".
Neben dem spektakulären Flug der NASA-Sonde "Stardust" durch den Schweif des Kometen Wild 2 sammelte die Sonde mit einer etwa einen halben Quadratmeter großen Auffangvorrichtung monatelang auch Staubpartikel aus dem Interstellaren Raum.
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Die winzigen, unvorstellbar schnell fliegenden Körner, die sich wahrscheinlich um sterbende Sterne und während Supernovae gebildet haben, wurden dabei in einem transparenten Glasschaum eingefangen. Nach der erfolgreichen Rückkehr der Proben begann die umfangreiche und aufwendige Suche nach den Mikropartikeln.
"Der Aufwand, diese Partikel im Glasschaum zu entdecken war so groß, dass man die ganze Welt um Mithilfe bat", sagt Prof. Frank Brenker von der Frankfurter Goethe-Universität. Insgesamt beteiligten sich über 34.000 Laien an der Suche und investierten hierfür große Teile ihrer Freizeit. "Es ist das erste Mal überhaupt, dass Material untersucht wird, das nicht aus unserem eigenen Sonnensystem stammt. Es ist quasi unser Kontakt mit anderen Bereichen unserer Galaxie", erklärt Brenker.
Vielversprechende Einschlagspuren des Auffangbehälters der Stardust-Raumsonde, an deren Ende sich die winzigen Teilchen befanden, wurden von der Arbeitsgruppe von Prof. Frank Brenker mittels hochempfindlicher nano-Synchrotron-Röntgenfluoreszenz am ESRF in Grenoble untersucht. Die Messungen führten schließlich zur Identifizierung der ersten Kandidaten für Körner mit interstellarem Ursprung.

Weitere Einschlagsspuren wurden am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz mittels hochauflösender Sekundärionenmassenspektrometrie von der Arbeitsgruppe von Dr. Peter Hoppe studiert. Um vielversprechende Einschlagspuren überhaupt zu identifizieren und von ihnen auf die Einschlagsgeschwindigkeit und andere Eigenschaften der einschlagenden Teilchen (beispielsweise Masse, Porosität, chemische Zusammensetzung) rückschließen zu können, wurden Kollektoren in Heidelberg in Kooperation mit der Universität Stuttgart mittels eines weltweit einzigartigen Staubbeschleunigers beschossen, um den Einschlagprozess zu simulieren und zu kalibrieren.

Die "größte" Spur des interstellaren Staubs im Aerogel-Kollektor misst gerade einmal 35 Mikron und wurde von einem nur 3 Pikogramm großen Staubpartikel hinterlassen, der wahrscheinlich beim Aufprall verdampfte. Zwei weitere Staubkörner wurden im Aerogel "gefangen". | Copyright: UC Berkeley/Andrew Westphal.
Bislang konnten wenige größere (Mikrometer große) Teilchen untersucht werden. Zwei Teilchen mit der Bezeichnung Orion und Hylabrook wurden im Aerogel unzerstört eingefangen, ein weiteres hinterließ nur eine Einschlagspur, vier Teilchen erzeugten Einschläge auf Folien zwischen den Aerogel-Feldern.
Die untersuchten Teilchen sind entgegen den gängigen Vorstellungen und Modellen nicht vollständig amorph, haben einen eher niedrigen Kohlenstoffanteil und stellen auch keinen direkten Hochtemperaturkondensate dar. Die Elementzusammensetzung entspricht in Teilen dem kosmischen Durchschnitt, es gibt aber wichtige Abweichungen, etwa Defizite des Elements Kalzium oder Überschüsse des Elements Aluminium. Somit weichen diese Teilchen deutlich von Durchschnittseigenschaften ab, die von astronomischen Beobachtungen und Modellierungen bisher abgeleitet wurden.
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Quelle: uni-frankfurt.de, sciencemag.org, berkeley.edu