
Über den Stirnbereich induzierte Gamma-Schwingungen führen zu Klarträumen. | Copyright/Quelle: Voss et al. / nature.com
Frankfurt am Main (Deutschland) - Mit von außen auf den Schädel induzierten leichten Strompulsen ist es Neurologen erstmals gelungen, Probanden gezielt zu sogenannten Klarträumen zu verhelfen. Während des auch als "luzides Träumen" bezeichneten herbeigeführten Zustands, ist sich der Schlafende des Träumens bewusst und dadurch teilweise imstande, den Traumverlauf zu kontrollieren.
Wie das Team um Dr. Ursula Voss von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Vitos Waldkrankenhaus Köppern und Walter Paulus vom Universitätsklinikum Göttingen aktuell im Fachjournal "Nature Neuroscience" (DOI: 10.1038/nn.3719) berichten, sind unsere normalen Träume deshalb so unkontrollierbar, da in diesem Zustand der Verstand als kontrollierender Filter ausgeschaltet ist. Menschen, die jedoch zum Klarträumen fähig sind, können dieses Hindernis umgehen, Teile des höheren Bewusstseins und die normale Traumwelt zusammenführen und sich so ihrer Traume bewusst werden und diese sogar beeinflussen.
Schon frühere Studien hatten gezeigt, dass während solcher luzider Träume Teile des Stirnhirns aktiver sind und sich Hirnströme in bestimmten Frequenzen in diesem Bereich stärker häufen als während der normalen Traumphase.
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Um zu überprüfen, ob diese Aktivität nun Ursache oder Folge der Klarträume ist, haben die Wissenschaftler 15 Frauen und 12 Männer vier Nächte lang im Schlaflabor des Universitätsklinikums Göttingen untersucht, von denen jedoch keiner zuvor Klarträume erlebt hatte. Hierbei reizten die Forscher etwa zwei Minuten nach Einsetzen der Traumschlafphase (REM-Schlaf) den vorderen Bereich des Gehirns mittels transkranieller Wechselstrom-Stimulation (tACS).
Die mittels äußerlicher Elektroden durch den Schädelknochen ans Gehirn übertragenen minimalen elektrischen Impulse in verschiedenen Frequenzen zwischen 2 und 100 Hertz führten bei Frequenzen von 25 und 40 Hertz bei mehreren Versuchspersonen zu Klarträumen.
Als typische Anzeichen für luzides Träumen gelten das Wissen darum, dass man gerade träumt. Das Lösen aus der eigentlich für normale Träume typischen Ich-Perspektive und das Gefühl, den Traum selbst bzw. dessen Verlauf und Handlung selbst kontrollieren zu können. Tatsächlich zeigten auch die Aufzeichnungen der Hirnaktivität bei diesen Personen vermehrt charakteristische Muster im sog. Gamma-Frequenzband.
Mit ihren Experimenten konnten die Forscher somit erstmals zeigen, dass während des Schlafs induzierte Gamma-Wellen einen veränderten Bewusststeinszustand herbeiführen können. Die Forscher um Voss hoffen, dass ihre Entdeckung für all jene Menschen hilfreich sein könnte, die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden und in deren Träumen die traumatische Erfahrung oft wiederkehrt. So könnten die betreffenden Personen mit Hilfe der Elektrostimulation in einen Klartraum versetzt werden und den Ausgang ihrer Träume beeinflussen. Dadurch würde es den Betroffenen gelingen, die Auswirkungen der Angstträume auf ihre Gefühlswelt zu reduzieren und sich Schritt für Schritt davon zu erholen.
Darüber hinaus hat die Praktik des Klarträumens in vielen Kulturen eine schon jahrtausendealte Tradition. Schon der antik-griechische Philosoph Aristoteles bemerkte in seinem Werk "Über Träume": "oft nämlich sagt einem, wenn man schläft, etwas in seinem Bewusstsein: Was dir da erscheint, ist nur ein Traum."
Im Buddhismus strebt das sogenannte Traumyoga die geistige Klarheit während sonst unbewusster Phasen an. Andere Forscher sehen im luziden Träumen auch eine Methode zum Kontakt entweder mit Verstorbenen (Transkommunikation) oder Wesen aus anderen Dimensionen und somit zum Erlangen von "fremdem Wissen".
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Quelle: nature.com, vitos-hochtaunus.de